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Die Protestantische Kirche

„Wenn sie net all nei gehen, gehen se all nei.“ 

 

Elke Wedler-Krüger

 

Auf einer kleinen Anhöhe versteckt sich hinter zwei großen Linden unsere „Weihnachtskirche“. So hat sie ein Besucher vor einigen Jahren genannt. Einen eigenen Namen hat die Protestantische Kirche in Kleinfischlingen nicht. In vorreformatorischer Zeit war der Vorgängerbau, von dem nur noch der Chor im Turm erhalten blieb, der Heiligen Margarethe geweiht.

Heute begnügen wir uns nüchtern mit den Worten „Protestantische Kirche“ Kleinfischlingen.

Sie strahlt eine freundliche Atmosphäre aus. Sie kann mit Fug und Recht als „Weihnachtskirche“ bezeichnet werden. Denn mit dem Weihnachtsfest verbinden wir ein Nachhausekommen, Geborgenheit, Wärme und Liebe. 

prot. Kirche

Der Grund für diese Bezeichnung sind die naturfarbenen Holzbänke, das freundliche Ambiente und die Größe der Kirche. Zwar ist sie eines der größten Gebäude in Kleinfischlingen, andererseits, gemessen an den großen Kirchen in den Städten, ein sehr kleines Gebäude. Trotzdem würde dieser Saalbau heute alle evangelischen Gemeindeglieder fassen. Aktuell (2021) sind 130 evangelische Christen in Kleinfischlingen zu finden. Da Kleinfischlingen zusammen mit Großfischlingen bis 2013 eine selbstständige Kirchengemeinde war, gehören auch die

Protestanten aus Großfischlingen zu unserer Gemeinde. So erreichen wir die Zahl von 280 Personen.  Da reichen 226 Sitzplätze und Stehplätze aus. Wir haben Platz für alle, die kommen wollen. Heute gehört Kleinfischlingen zur prot. Kirchengemeinde Freimersheim-Kleinfischlingen-Großfischlingen und zum Protestantischen Pfarramt Im Gäu.[1]

Als 1774 der Saalbau aus der Rokokozeit an den Turm aus dem 14.Jahrhundert angebaut wurde, da hatte sich das Dorf schon wieder von den zahlreichen Kriegswirren der vergangenen Jahrhunderte erholt. Damals war die überwiegende Mehrheit in Kleinfischlingen evangelisch oder, wie wir uns in der Pfalz nennen, „protestantisch“. Sind wir doch in der Nähe der Stadt Speyer.[2]

Die Kirche ist der Versammlungsort für die ganze Gemeinde. Der ehemalige Dekan von Landau, Dr. Ludwig Burgdörfer, hat in seiner Rede anlässlich des Abschlusses der Innenrenovierung der Kirche 1997[3] den Pfälzer Ausspruch zitiert: 

„Wenn sie net all nei gehen, gehen se all nei.“ 

Altar

Doch zu dem Wort „Weihnachtskirche.“ Sie ist an Weihnachten tatsächlich voll, außerdem bei Konfirmationen, Trauungen und bei Beerdigungen. Denn Kleinfischlingen ist einer der wenigen Orte, wo in diesem Corona-Jahr noch die Beerdigungen von der Kirche ausgehen.  Auch findet im Anschluss an die sonntäglichen Gottesdienste immer ein kurzes Gespräch auf der Gass‘ statt.

Für mich sind Kirchengebäude immer lebendig, weil sie von Menschen erzählen, die in ihnen die Höhepunkte und Wendepunkte ihres Lebens feiern, Taufe, Konfirmation, Hochzeit und natürlich den Abschied. Die Mauern sind getränkt von Freuden- und Trauertränen. 

Sie sind voll von Hoffnung und Verzweiflung. Es ist ein Raum für die ganze Bandbreite menschlicher Gefühle. Diese bringen wir in unseren vierzehntägigen Gottesdiensten vor Gott.

Beginnen wir einen kleinen Rundgang durch die Kirche am Eingang: Durch ein altes schmiedeeisernes Tor betritt man den kleinen Weg zum Portal der Kirche. Eine Wand mit sechs kleinen runden Fenstern und der Holztür. Diese wird innen abgeschlossen durch einen Windfang. Geht man durch das Portal, sieht man gleich auf den Altar mit dem Paradiesgarten (die Umrandung des Altars durch ein Holzgitter). Über dem Altar thront die pneumatische Orgel[4].  Errichtet wurde sie 1910 von der Orgelwerkstadt Poppe in Offenbach. Auch sie ist ein Meisterstück und ein Unikat. Es ist noch der Kalkant an der Seite zu sehen. Das sind Trittbretter, durch 

den der Blasebalg mit Luft gefüllt wurde. In der Regel waren es nur Schüler, die zur Bedienung des Kalkanten herangezogen wurden.  Einige der älteren Bürger und Bürgerinnen werden sich 

noch daran erinnern. Heute haben wir einen Motor und die Konfirmanden dürfen in Ruhe den Gottesdienst verfolgen.

Zwei Pfarrstühle besitzt die Kirche, einen für den Pfarrer oder die Pfarrerin. Dort saß man früher während des Gottesdienstes geschützt vor den Blicken der Gemeinde, sich ganz auf die Predigt konzentrierend. Vor vielen Jahren war die durchschnittliche Dauer einer Predigt mindestens eine halbe Stunde oder noch länger. Der andere Pfarrstuhl rechts vom Eingang war für die Pfarrfamilie reserviert, die immer etwas abgesondert von dem gemeinen Volk saß. Kein Wunder, denn Kleinfischlingen zählte zu den reichsten Kirchengemeinden in der Pfalz. Der Pfarrer besaß das Zehntrecht (Weinzehnt, Krautzehnt und Getreidezehnt) und war somit einst einer der wohlhabendsten Bewohner des Ortes, obwohl ihm die Pfründe nicht gehörten, er bekam sie nur verliehen. Da die meisten Bauern abhängig von ihm waren, machte man sich als Pfarrfamilie nicht mit dem Volk gemein. Es war immer eine Distanz zu wahren.  Deshalb hatte auch die Pfarrfamilie bei den Gottesdiensten besondere Sitzplätze. Die beiden Töchter des letzten Pfarrers von Kleinfischlingen saßen während des Gottesdienstes bis zu ihrem Ableben immer in diesem Pfarrstuhl. 

Wegen der guten Pfründe blieben die Pfarrer meistens bis zu ihrem Lebensende in der Gemeinde. Außerdem bewohnten sie mit dem Pfarrhaus neben der Kirche eines der größten und schönsten Anwesen in Kleinfischlingen. Heute befindet sich das ehemalige Pfarrhaus in Privatbesitz.

Nicht alle hatten so viel Glück, bis zu ihrem Tod zu bleiben. Pfarrer Christian Friedrich Schmid protestierte gegen die Union der Protestanten und Lutheraner (1818). Er zettelte regelrecht einen „Aufstand“ in Freimersheim und Kleinfischlingen an. Daraufhin musste er die Pfarrstelle verlassen und wechselte über den Rhein nach Baden.

Zwei Pfarrer sind in dieser Kirche beigesetzt. Ihre Grabsteine erzählen mit wenigen Worten ihre Lebensgeschichte. 

Grabstein von Johann Melsheimer

An der linken Wand im Altarraum ist ein Grabstein von Johann Melsheimer, gestorben 1775. Er war Pfarrer, als diese Kirche 1774/1775 erbaut wurde. Ob er die Fertigstellung noch erlebt hat, ist ungewiss. Diesen Grabstein stiftete seine Ehefrau und die Kinder. 

Der Text lautet[5]:

„Gott, dem dreifach Besten und Höchsten geweiht. Hier wurden die Knochen des gelehrten Mannes und ehrwürdigen Herrn Johannes Melsheimer, eines Pfälzers aus Otzberg beigesetzt, als er in mehr als 36 Jahren auf dem Altar und dem evangelisch -lutherischen Glauben vorgestanden, in Epfenbach 3, in Mosbach 11 und hier schließlich 22 Jahren und – was besonders heraussticht- für 4 Jahre das Amt des Inspektors im Germersheimer Sprengel (Inspektion) bekleidet hatte.  Geboren zu Otzberg am 12. April 1712, verstarb er am 27.Mai 1775 als einer, der eines längeren Lebens um so vieles würdiger gewesen wäre- weil er dieses wenige nicht sich selbst, sondern Gott, der Kirche, der Wahrheit und dem Freund geweiht hat, wenn nicht der Himmel dieses irdische Los verwandelt hätte. Dem Mann, dem Gemahl und dem Vater, der unbescholten, pflichtbewusst, fromm und höchst verdienstvoll war, setzen dies traurig die Witwe und die Kinder.“ 

Dieser Pfarrer war Sohn des legendären „Jägers aus Kurpfalz“, Johann Adam Melsheimer. Der Sohn unseres Pfarrers in Kleinfischlingen, Dr. Ludwig Friedrich Melsheimer, arbeitete maßgeblich an der Union zwischen Reformierten und Lutheranern in der Pfalz mit und war ebenfalls von 1795-1808 Pfarrer in Kleinfischlingen.

Der Grabstein unter der Kanzel ist 200 Jahre älter und wird erst nach dem Neubau der Kirche seinen Platz dort gefunden haben. Kaspar Leisler (Leusler) [6] war einer der ersten Pfarrer auf der neu errichteten lutherischen Pfarrstelle nach der Reformation in Kleinfischlingen. Seinen Dienst begann er 1589. Er verstarb 1598 und wurde an der Seite seiner Frau Amalie beigesetzt, die schon wenige Monate nach der Ankunft in Kleinfischlingen verstorben war. Die Bürger setzten den Grabstein bewusst unter die Kanzel in dem Gebäude, um ihn als einen der ersten lutherischen Pfarrer in Kleinfischlingen zu ehren.

Kanzeldeckel mit Pelikan

Früher war um die Kirche ein Friedhof, der 1837 etwas weiter nördlich neu begründet wurde. Die Seitentür war eigens dafür eingerichtet, um den Sarg von der Kirche direkt auf den Friedhof (Kirchhof) zu bringen.

Dabei ging man an der Kanzel mit ihrem verzierten Kanzeldeckel vorbei.  Auf ihr ist ein Pelikan zu sehen, der seine Jungen mit dem eigenen Herz füttert. Das ist ein Symbol der Liebe Gottes, der sein Herz für die Menschenkinder opfert, damit sie leben können. An der Kanzel selbst sind kleine Brezeln angebracht, die zur Rokokozeit eine übliche Verzierung darstellten. Wir können auch darüber spekulieren, ob ein Bäcker diese Kanzel gestiftet hat. Darüber sind keine Aufzeichnungen vorhanden.

Der Altar selbst ist aus Holz, mit einem Unterschrank, in dem das Taufgeschirr verwahrt wird. Auf dem Altar stehen die Osterkerze und ein hölzernes Kreuz, das Erhard Keller anlässlich seiner Goldenen Konfirmation gestiftet hat. 

Ein Zeichen für den evangelischen Glauben ist die aufgeschlagene Bibel auf dem Altar, die besagt: Das lebendige Wort Gottes ist mitten unter uns.  Die Übersetzung der Bibel durch Martin Luther in ein verständliches Deutsch demokratisierte die Gemeinden. Denn jeder Mensch sollte den Inhalt der Bibel verstehen und lesen lernen. Deshalb setzten sich die Reformatoren für die allgemeine Schulpflicht ein.  Kirche und Schule gehörten auch in Kleinfischlingen zusammen, denn das ehemalige Schulgebäude befindet sich gegenüber der Kirche.

Auf der linken Seite vom Eingang aus gesehen finden wir einen neueren Gegenstand: den Taufstein. 2003 wurde er als Gesellenstück von Marcel Wolf aus Großfischlingen geschaffen.

Der alte silberne Taufteller und die Kanne für das Wasser können bei einer Taufe in den Stein gestellt werden. Wenn keine Taufe im Gottesdienst stattfindet, dann wird eine Glasplatte auf den Stein gelegt und die Kerzen der Konfirmanden werden daraufgestellt. So ist die Verbindung von der Taufe zur Konfirmation zu sehen, denn sie ist die Bestätigung des Jugendlichen für die Taufe.

Das Ensemble von Altar, Orgel und Taufstein ist eine sichtbar gewordene evangelische Predigt. 

Der Taufstein erinnert daran, dass „wir alle aus der Taufe gekrochen sind“[7], da gibt es keinen Unterschied, wie es der Apostel Paulus in Gal 3, 26[8] sagt. 

Der Altar mit der Bibel ist der Ort, an dem das Sakrament des Abendmahls allen Menschen gereicht wird, die sich von der Einladung Jesu Christi angesprochen fühlen. Das Abendmahl wird in einem großen Kreis um den Altar gefeiert. 

Krone des Kurfürsten mit Kelch

Ein sichtbares Zeichen der Reformation findet sich über dem Pfarrstuhl. Dort ist unter der Krone des Kurfürsten der Kelch abgebildet. Der Kelch des Heils wird beim Abendmahl allen gereicht. Leider wird sich die Praxis des Gemeinschaftskelchs durch die Coronapandemie verändern und es werden nun Einzelkelche wahlweise mit Traubensaft oder Wein gereicht. Es hat zwar lange in der Evangelischen Kirche gedauert, bis die Pfarrherrlichkeit verschwand und ein demokratisches Gremium, bestehend aus Presbyterinnen und Presbytern auf der einen und auf der anderen Seite aus Pfarrern oder Pfarrerinnen, die Geschicke der Gemeinde gemeinsam lenkt. Das ist eine Folge der veränderten Stellung der Kirche in der Gesellschaft und dem Erstarken des Selbstbewusstseins der Gemeindeglieder.[9]

Hinter und neben dem Altar sind Sitzplätze zu sehen. Über ihnen finden sich Haken an den Wänden für die Hüte der Honoratioren. Denn dort saßen früher die Presbyter und die Verantwortlichen für die kommunale Gemeinde. 

Heute nehmen Platz der Evangelische Singkreis und an den hohen Feiertagen die Presbyterinnen, Presbyter und aktuell die Pfarrer oder Pfarrerinnen.

Fresken

Gehen wir weiter durch die verglaste Tür in den ältesten Bereich unserer Kirche, in den Turmbereich, der aus dem 14. Jahrhundert stammt[10]. Zu sehen sind in diesem ehemaligen Chor eines Vorgängerbaus an der Decke ein Kreuzrippengewölbe mit einem Schlussstein und einem Wappen, einer roten Kanne, dem Wappen der Familie von Stettenberg. Zwischen diesen Rippen finden sich die Symbole der Evangelisten Markus (Löwe), Matthäus (Mensch), Johannes (Adler) und Lukas (Stier). Von letzterem ist nicht mehr viel zu sehen. Um diese Figuren herum finden wir pflanzliche Ornamente, die in dieser Zeit modern waren, als diese Malereien vermutlich von einem Schüler aus der Malschule Martin Schongauers auf den Putz (al secco) gemalt wurden. 

An der Stirnseite, wo einst ein Altar gestanden haben muss, findet sich die Darstellung des Weltgerichts (Jüngstes Gericht)[11] mit Christus als dem Weltenherrscher, der über allem thront, umgeben von Engeln, die die Posaune spielen. In Jesu Mund ist auf der rechten Seite eine Lilie und auf der linken Seite das Schwert zu sehen. Auf der rechten Seite steigen die Menschen am jüngsten Tage aus den Gräbern und gehen unter einer Schutzmantelmadonna mit gefalteten Händen, geleitet durch Engel, in das Paradies. Auf der anderen Seite, der linken, werden die Menschen von Teufeln in die Hölle geführt. Da die meisten Menschen zur damaligen Zeit des Schreibens und Lesens unkundig waren und die Messen oft auf Latein gelesen wurden, waren diese Malereien die Bibel des einfachen Volkes. 

Christopherus

In der Fensternische unterhalb des Weltgerichts finden wir den Christopherus, der das Jesuskind trägt. In der Stunde des Todes, so glaubte man damals, genüge ein Blick auf den Christopherus, um ohne Sakramente in die Ewigkeit einzugehen.  Auf der anderen Seite des Fenstersimses kann man schemenhaft den Heiligen Sebastian sehen, den Schutzheiligen der Pestkranken. Wendet man sich nach Westen, ist über der Tür eine Marienverkündigung zu erblicken, ganz in den Stilen des ausgehenden Mittelalters. An der Nordseite finden wir die Geburt Jesu und ein Sakramentshaus mit den Passionsinstrumenten darauf, die leider nur noch ansatzweise zu erkennen sind.  Auf der Südseite sehen wir die drei „Madel“: Katharina von Alexandria mit dem Rad, Dorothea mit dem Blumenkörbchen und Margaretha mit dem Drachen. Der letzteren, Margaretha, wurde diese Kirche geweiht. Über dem Fenster befindet sich ein Bild mit dem Antlitz Christi.

Diese Gemälde stehen für das Leben und den Glauben der Menschen. Das Weltgericht stellte die Fragen nach dem rechten Leben mit der Hoffnung auf Gnade am Ende aller Tage, die die Lebensgeschichte Jesu von der Geburt bis zum Tod symbolisierte. Der Pestheilige Sebastian steht für die Angst vor Krankheiten (die uns im Jahr 2021 nicht fremd ist). Die drei „Madel“ stehen für den standhaften Glauben, der durch die Widrigkeiten des Lebens trägt. 

Es gibt noch eine Nische mit einem Sternenhimmel, die wahrscheinlich das Grab Jesu darstellen sollte. 

Diese Malereien waren gerade mal 30 Jahre zu sehen, dann wurden sie unter Putz gesetzt und die Wände mit Weihekreuzen versehen. Wir wissen nicht, weshalb das geschah. Ob die schon aufziehende Reformation dazu geführt hat, bleibt Spekulation. Erst im Jahr 1968 wurden die Fresken per Zufall wiederentdeckt und durch den Restaurator Friedrich Lombardi freigelegt. Die Gemälde wurden von 1968 bis 1973 restauriert, aber nicht nachgezeichnet oder ergänzt, und sie sind deshalb so erhalten, wie sie vor 500 Jahren ausgesehen haben müssen. Vielleicht etwas verblasst. Sie erzählen uns, den aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhunderts, von einer Zeit, die genau wie die unsere von Wechselfällen des Lebens gezeichnet war. Sie erzählen uns davon, dass der Glaube den Menschen Halt gegeben hat. 

„Dieser Chorraum [erschließt] mit seinen Darstellungen eine… Mischung dessen, was die Menschen damals bewegt hat: die Inkarnation, die Erlösung, das Gericht, die Not, die Pein, die Hoffnung, der Schutz der Heiligen, all dies ist in diesem kleinen Raum präsent und gibt Einblick in das, was Menschen damals gefühlt haben, wovor sie Angst hatten und worauf sie ihre Hoffnung letztlich gegründet haben“ (Clemens Jöckle). 

Fenster im Glockenturm

Gehen wir weiter auf die Empore an der Orgel vorbei, so führt eine kleine Treppe hinauf in den Turm. Die Baulast des Turms wird zusammen mit der politischen Gemeinde getragen. Die Glocken sind in der Verantwortung der Kirchengemeinde und die Uhr in der Verantwortung der politischen Gemeinde.

Wer sagt, dass die Kirche nur an den Sonntagen mit Leben erfüllt ist, hat unsere Vogelwelt vergessen. Es brüten Turmfalken in den Fensternischen des Turmes. Dohlen fühlen sich heimisch und Singvögel suchen sich ihre Nischen zum Brüten.

Im Turm gehen wir die hölzernen Stufen hinauf, können dabei ein altes mechanisches Uhrwerk bewundern, das aber außer Betrieb ist. Danach betreten wir die Glockenstube. Kleinfischlingen besitzt eine Glocke aus dem Jahr 1728 mit der Aufschrift:

„Herr Johann Nikolaus Ploeser zu der Zeit Pfarrer Johannes Wolff Schultheis. Am Schlag: Diese Glock ist aus den gemeinen Mietlein bezahlt worden und gossen durch Henrich Ludwig Gosman in Landau“[12].

 

Uhrwerk

Die zweite Glocke ist wesentlich jünger, aus dem Jahre 1953. Das Datum deutet an, dass Kleinfischlingen im Zweiten Weltkrieg eine Glocke opfern musste, damit aus ihr Kriegsgerät gefertigt wurde.

Mit einem Ausblick vom Turm über die Dächer von Kleinfischlingen beenden wir unseren Rundgang.

Vieles gibt es noch zu entdecken. Dieses historische Gebäude ist ein Tresor an Geschichten und Geheimnissen. Gerne führe ich Sie herum, traditionell veranstalte ich am Kerwesonntag nach dem Gottesdienst eine Führung und auch auf Anfrage. 

Unser Gemeindeleben wird oft ökumenisch gestaltet. Eine feste Tradition ist der ökumenische Kerwegottesdienst (am ersten Sonntag im Juli), der selbst in den Coronajahren im Garten (auf dem ehemaligen Friedhof) stattfand.

Natürlich beschäftigt uns Protestanten die Zukunft. Eigentlich sind wir als Gemeinde zu klein, um so ein wertvolles Gebäude mit seiner Geschichte allein zu unterhalten. Wir brauchen Unterstützung, um diese „Weihnachtskirche“ zu erhalten. Wir möchten neue Wege gehen, ohne den Charakter einer Kirche aufzugeben und sie in ein Museum zu verwandeln. Jede Generation hat Spuren in dieser Kirche hinterlassen. Das Gebäude trägt diese Erinnerungen durch die Zeiten, geleitet von Jesu Verheißung: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ [13]

Die Menschen in Kleinfischlingen haben mit dieser Kirche gelebt und leben mit ihr. Ob „se all nei gehn“ oder nicht. Diese Kirche gehört zu Kleinfischlingen.

Elke Wedler-Krüger, Pfarrerin[14]                

 

prot.Kirche

Eine Welt mit Zukunft

Aus dem GEMEINDEBRIEF der Prot. Kirchengemeinden Freimersheim und Kleinfischlingen, 14. Jahrgang, August 2001, Nr. 8, von Pfarrer Holm Werner.

Mit dieser Nummer stellte der GEMEINDEBRIEF sein Erscheinen ein. 

„Schwerpunktthema (des Gemeindebriefs, M.M.), in immer neuen Zusammenhängen und Variationen in Wort und Bild dargestellt, war die zunehmende Bedrohung des Lebens durch die Naturzerstörung und die wachsende Militarisierung des Denkens, welches den Weltfrieden durch Rüstung und Krieg herzustellen und bewahren zu können glaubt…Ob unser Dorf (bezogen auf Freimersheim, auch auf Kleinfischlingen anwendbar, M.M.) Zukunft hat, hängt davon ab, ob die Welt Zukunft hat. Die Zukunft unseres Dorfes hängt davon ab, wie weit wir bereit sind, die Zukunft anderer Dörfer und Städte hier in unserem Land und in anderen Ländern der Welt zu bedenken. Wir sitzen alle in der einen Arche Noah. Wir werden zusammen überleben oder zusammen untergehen…“

Holm Werner, 2001

Quelle: Aszug aus "1250 Jahre Kleinfischlingen - Ein Lesebuch", Seiten 141 bis 150

 

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[1] Adresse: Prot. Pfarramt Im Gäu, Kirchstr.11, 67482 Freimersheim, www.kirche-im-gaeu.de

[2] In Speyer protestierten 1529 die evangelischen Fürsten gegen die Wiedereinführung der katholischen Messe. Seitdem heißen die Evangelischen weltweit und in der Pfalz: Protestanten.
[3] Vgl. Die Rheinpfalz vom 15.10.1997 „Kirche im neuen Glanz“. Über die verschiedenen Abschnitte der Renovierungen informiert ein Artikel von Architekt Helmut Postel, Fünfzig Jahre Kirchenrenovierung Kleinfischlingen (1967-2017). Kirchenbau und Renovierung in dreierlei Epochen, Generalinstandsetzung der Kirche in Kleinfischlingen. In: Blätter für pfälzische Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde, Jahrgang 84, 2017, S.117ff
[4] Handbuch der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche), 2009, S.310
[5] Die Übersetzung stammt aus dem Artikel von Jan Ilas Bartusch: Epitaph für den Pfarrer Johann Melsheimer, Blätter für Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde, Jahrgang 85, 2028, S. 127f.
[6] Georg Biundo, Die evangelischen Geistlichen der Pfalz seit der Reformation (Pfälzisches Pfarrerbuch) 1968, S.266
[7] Vgl. Martin Luther, An den Adel deutscher Nation: „Denn was aus der Taufe gekrochen ist, das kann sich rühmen, dass es schon zum Priester, Bischof und Papst geweiht sei, obwohl es nicht einem jeglichen ziemt, solch Amt auszuüben.“

[8] „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus“.      Text: Lutherbibel 2017, deutsche Bibelgesellschaft
[9] Im Jahr 2021 bilden Helmut Postel und Klaus Werner aus Kleinfischlingen und aus Großfischlingen Monika Bauer, Birgit Nawrot-Metz und Gerhard Lieberknecht das Teilpresbyterium unserer Kirchengemeinde Freimersheim-Kleinfischlingen-Großfischlingen.
[10] Die Beschreibungen der Fresken im Turm sind auf der Grundlage eines Vortrags des Historikers Clemens Jöckle beschrieben, der im Dezember 2002 gehalten wurde. Eine Mitschrift dieses Vortrags ist im Prot. Pfarramt Im Gäu einzusehen.
[11] Vgl. Mt 25, 31-46
[12] Text der Glockeninschrift aus: Die Kunstdenkmäler der Pfalz, II. Stadt und Bezirksamt Landau, bearbeitet von Anton Eckardt, 1974, S.224
[13] Mt 28, 20b (zitiert nach der Lutherübersetzung 2017)

[14] Die Bilder stammen von Elke Wedler-Krüger, Kuno Müller und Regina von Nida.

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